Der Mensch: Subjekt oder Objekt?
Zum kritischen Verhältnis Menschenrechte – Demokratie – Staat

Ist, seitdem wir ein Grundgesetz haben, nicht klar und eindeutig, daß der Mensch ein selbstbestimmtes Subjekt ist, dessen Würde nach unbedingtem und bedingungslosem Respekt ruft? Ist folglich nicht alles zu unternehmen, um dem Menschen ein gedeihliches Dasein zu ermöglichen, und alles zu unterlassen, was ihn „beleidigt“? Ist dies nicht geradezu der Sinn der Menschenrechte?

Wieso hat sich unser Alltag von diesem Ideal entfernt? Entspringt und entspricht die heutige Gesellschaftsordnung etwa dem, was wir eigentlich wollen; oder gedeiht die angeführte Staatsmacht auf dem Boden unserer angenommenen Ohnmacht? Stellen wir uns jedoch vor, wir, also du und ich, würden diese Wohlerzogenheit aufkündigen und beispielsweise etwas wollen, das zwar durchaus verfassungskonform wäre, aber heute als „abnorm“ gelten würde: Wäre dies zu verwirklichen? Dramatischer noch: Stellen wir uns vor, Menschen, die heute weshalb auch immer bevormundet oder entrechtet werden, würden ihr selbstverständliches Recht fordern, als Subjekte jedweder staatlichen oder gesellschaftlichen Gewalt ein kategorisches Nein entgegenzusetzen… Positiv formuliert: Welche Gestalt könnte unser demokratisches Zusammenleben haben, wenn der Mensch der Träger und Präger der Lebens- und Kulturform wäre?

Bertrand Stern
Siegburg, Oktober 2013